Das Problem des Feuermachens

Heute sieht man nur noch selten Streichhölzer im Gebrauch. Es fällt daher schwer, sich vorzustellen, dass deren Besitz in der Nachkriegszeit von äußerster Wichtigkeit war, bzw. es wichtig war, den Mangel an Streichhölzern mit anderen technischen Mitteln zu kompensieren.
Der Winter 1945/46 war extrem kalt. Viele Bürger lebten in zugigen Behelfsunterkünften, Ställen und Verschlägen. Viele Bürger erfroren in diesem Winter. (siehe Wohnsituation )
Heizen, und das hieß Herd-, bzw. Ofenfeuer, war überlebenswichtig. Erlosch das Feuer mal, so blieb oft nichts anderes übrig, als mit einer Kehrschaufel (die früher aus Blech waren) oder Kohlenschaufen etwas Glut aus dem Ofen des Nachbarn zu borgen.

Es ist leicht erkennbar, dass Streichhölzer aus einem Holzstiel und einem chemischen Brandsatz bestehen. Dieser Brandsatz enthält Kompenenten, die auch für militärische Spreng- und Brandsätze im 2. Weltkrieg verwendet wurden. Die Betriebe, die im 2. Weltkrieg Streichhölzer hergestellt hatten, hatten daher auch Sprengstoffe und andere chemische Substanzen für die Kriegsführung produziert.
Die deutschen chemischen Fabriken waren daher direkt bei der Invasion der Alliierten geschlossen worden, um die Möglichkeit, dass dort Explosionsstoffe hergestellt wurden, zu unterbinden.
Damit gab es im offiziellen Handel auch keine Streichhölzer mehr. Alles, was noch an Lagerbeständen irgendwo greifbar war, verschwand in den Kanälen des Schwarzmarktes und stand so nur denen zur Verfügung, die selbst über Tauschware oder über - vorwiegend ausländisches - Geld (vor allem Dollars) verfügte, mit denen die Schwarzhändler selbst wieder Ware einhandeln oder kaufen konnten.

Streichhölzer Wk2
Streichhölzer 2. Weltkrieg
Standart-Streichhölzer 2. Weltkrieg

Streichhözer mit Feindwarnung




Streichhölzer WK2
Streichhölzer aus der Nachkriegszeit



Nun waren in der Zeit vor Mitte der 50er Jahre Feuerzeuge bei weitem nicht so verbreitet, wie heute. In vielen Familien besaß nicht ein Familienmitglied ein Feuerzeug. Feuerzeuge waren damals etwas für feinere Herren.
Allerdings gehörten Feuerzeuge auch zur Ausrüstung der Wehrmacht. Daher besaßen ehemalige Wehrmachtsangehörige, die das Glück hatten, nicht in Gefangenschaft zu sein, unter Umständen Feuerzeuge. Und natürlich verfügte der Schwarzmarkt über große Mengen von Feuerzeugen aus ehemaligen Wehrmachtsbeständen, Marketenderwaren aus geplünderten Kasernen und Behelfsfeuerzeuge, die aus Rüstungsmaterial konvertiert worden waren - vor allem aus Patronenhülsen.
( Benzinfeuerzeuge, gewerblich hergestellte und improvisierte Modelle )
In diesem Beitrag soll es um Feuerzeuge gehen, die heute vollkommen vom Markt verschwunden sind und auch den meisten Personen unbekannt sein werden.

Feuer machen mit elektrischem Strom

Betrachtet man offenes Feuer physikalisch, so ist es nichts anderes als eine relativ rasche Umwandlung von in Materie gespeicherter chemischer Energie in Wärmeenergie.
Nun schied die Möglichkeit, mit chemischen Verfahren Feuer zu entfachen, aus oben genannten Gründen aus.
Als Ersatz hierzu bot sich die elektrische Energie an, über die doch viele Haushalte zumindest stundenweise verfügten.
Schon unmittelbar nach Erforschung und Nutzung der Elektrizität hatte man hier zwei Möglichkeiten entdeckt.

a) die Nutzung der thermischen Energie stromdurchflossener Leiter

Das hört sich nun sehr kompliziert an. Aber denken Sie an ein elektrisches Bügeleisen, einen elektrischen Lötkolben oder einen elektrischen Küchenherd, ja eine Glühbirne, so erklärt sich das Prinzip nahezu von selbst.
Jeder Metalldraht besitzt einen elektrischen Widerstand, der zu einem Spannungsabfall führt. Nun kann dieser 'Leitungsverlust' ja aus physikalischer Sicht nicht wirklich verloren gehen. Er wird in Wärme umgesetzt. Diese Wärmewirkung ist proportional der fließenden Stromstärke. Nimmt man nun einen Draht, der einen besonders hohen elektrischen Widerstand besitzt, so erzeugt man damit einen hohen Spannungsabfall. Das Produkt dieses Spannungsabfalles und der Stärke des fließenden Stroms ist die Energie, die in Wärme umgesetzt wird. Ist sie groß genug, beginnt der Draht zu glühen. Dieses Prinzip, dass wir noch heute von den Zigarettenanzündern in Autos kennen, wird bei der ersten Möglichkeit, mit Strom Feuer zu entfachen, genutzt.

Glühfeuerzeug der Nachkriegszeit

Kochplatte der Nachkriegstzeit
Kochplatte der Nachkriegszeit



elektrisches Glühfeuerzeug



elektrisches Glühfeuerzeug

b) die Funkenwirkung hochgespannter Ströme

Auch dieses Prinzip kennt jeder durch die Zündkerze seines Autos. In der Natur ist der Blitz das beste Beispiel für eine Funkenentladung.
Wird die Spannung zwischen zwei von einander getrennten Stromleitern kontinuierlich erhöht, so reicht ab einem bestimmten Spannung die Isolierwirkung bzw. der Widerstandswert der zwischen den Kontakten liegenden Luftsäule nicht mehr aus, um einen Stromfluss zu verhindern. Die Spannung zwischen den Kontakten entläd sich, wobei die so stark erhitzt wird, dass sie glüht. Das sehen wir als Entladungsfunken. Bei welcher Spannung dieser Funke entsteht, hängt - vernachlässigen wir Luftdruck und Luftfeuchte - im Wesentlichen vom Abstand der beiden Elektroden ab.
Berührt man nun beide Kontkate und trennt sie dann wieder, so durchstreicht man in beiden Fällen bei nahezu jeder beliebigen Spannung zwangsläufig die Zone, in der die jeweilige Spannung noch ausreicht, den Luftwiderstand zu überwinden.
Jeder hat sicher schon beobachtet, dass beim Herausziehen eines Stromsteckers bei eingeschaltetem starken Verbraucher ein Funke entstehen kann. Auch beim Ein- und Ausschalten kann man dies bei manchen Lichtschaltern erkennen.
Man brauch also nur die beiden Kontakte eines Haushaltsanschlusses zusammenführen und schon funkt es. Allerings nur ein mal, weil dabei die Sicherung herausfliegen würde. Man benötigt daher noch einen Widerstand, der geeignet ist, den Strom so stark zu begrenzen, dass die Sicherung nicht herausfliegt. Am besten sind hier Spulen geeignet, da sie die Funkenbildung sogar durch eine elektrodynamische Wirkung verstärken.

Man beschaffte sich daher eine alte Spule aus einem Radio, Feldfernsprecher oder anderem Gerät. Einen der Spulenpole schloss man an den einen Netzkontakt. Der andere Spulenanschluss führte zu einer - meistens gezahnten Metallschiene oder anderem Kontakt. Diesem Kontakt stand parallel eine zweite Kontaktschiene bzw. ein zweiter Kontakt gegenüber, der direkt mit dem zweiten Netzkontakt verbunden war. Wurde dieses Gerät nun in die Steckdose gesteckt, so entstand bei Überbrücken der beiden Kontaktreihen ein Funke. Fuhr man mit einem metallischen Gegenstand an den gezahnten Schienen entlang, so entstand während dieses Vorgangs ein Funkenregen.

Zum Abstreichen der Kontakte nahm man nun einen isolierten Griff, an dem ein wattegefülltes und mit Docht versehenes Metallröhrchen angebracht war. Oben in dem Elektrofeuerzeug befand sich nun eine Hülse, in der sich bezingetränkte Watte und genügend Platz zum Verwahren dieses Fidibusses, des Funkenerzeugers, befand. Entnahm man nun dieses Fidibus aus der Hülse, so hatte er sich mit Benzin gesättigt. Strich man nun damit über die Kontaktleisten des Feuerzeuges, so entzündeten die entstehenden Funken den benzingetränkten Docht des Fidibusses, der dann wie ein Streichholz verwendet werden konnte.

elektrisches Funkenfeuerzeug der Nachkriegszeit

privatgefertigtes Funkenfeuerzeug

Tischfeuerzeug nach dem Funkenprinzip

Stohr Funkenfeuerzeug

Wehle Funkenfeuerzeug aus HandgranateWehle Funkenfeuerzeug aus Granate

Funkenfeuerzeug der Firma Max Wehle Zittau

© horst decker