Lampe mit Hülsenoden der Kartusche der Feldhaupitze le.FH18 cal.105mm


Nach dem Krieg fehlte es vor allem an Gefäßen für Zwecke aller Art. Ein großer Teil des Kriegsbestandes war durch die Trümmer der zusammenbrechenden Häuser zerschlagen und durch die Hitze der Brände, bei denen Temperaturen weit über 1000 Grad Celsius entstanden, zerborsten oder geschmolzen.
Es fehlte daher bereits an Hausrat zur Versorgung der heimischen Bevölkerung. Nun kamen aber noch rund 12 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene in das 'geschrumpfte Deutsche Reich', die natürlich auf der Flucht nicht ihren Hausrat mit sich nehmen konnten.

Als Ressourcen für die Herstellung von Kannen und Bechern, kleinen Töpfen und Pfannen wurden mangels Alternative in großem Maße Hülsen von Kanonen-Patronen verwendet (siehe Verwendung von Kanonenhülsen). Farbrikmäßig wurden vor allem Stahlhülsen verwendet, da sie emailliert werden konnten und so einen hygienischen Gebrauch ermöglichten.
Der guten Reinigungsmöglichkeit stand dabei auch die Benutzung des Hülsenendes mit dem Bodenstück entgegen. Denn das schwere Bodenstück machte ein Gefäß nicht nur unhandlich, sondern der Sitz des Zünders wäre wegen seiner Tiefe und Struktur immer ein schwer zu reinigender, möglicher Nistplatz für Keime geblieben. Abgesehen davon, dass das Zünderloch natürlich zugeschweist werden musste. Da konnte man dann aber auch gleich eine komplette Bodenplatte einschweißen und beide Probleme gleichzeitig lösen.

Daher blieben bei der Produktion der Gefäße jede Menge an Bodenstücke von Eisenkartuschen übrig.
Nun wäre es in dieser Zeit undenkbar gewesen, diese Hülsenteile zu verschrotten anstatt sie unmittelbar zu verwenden. Zumal die Konversionen der unmittelbaren Nachkriegszeit ja genau deshalb in der Destruktions- und Konstruktionstufe erfolgten, weil mangels Energie und intakter Schwerindustrie die Möglichkeit, komplett neue Ware von Grund auf zu produzieren, fast überhaupt nicht bestand.

Man fand daher eine Verwendung für die schweren Bodenplatten der Kanonenhülsen. Gerade auf Grund ihres Gewichtes waren sie vorzüglich für Standsockel geeignet. Häufiger findet man hier Tischlampen, bei denen die Bodenplatte der Kartusche der 'Leichten Feldhaupitze 18' Kaliber 10,5cm verwendet wurde. Das mag daran liegen, dass diese Eisenhülse in den letzten Kriegsjahren aus mehreren Teilen zusammengesetzt war und einen verschraubten Mantel aus gerolltem Blech, ähnlich eines dicken Ofenrohrs, besaß, der leicht wieder zu entfernen war.

Aufbau der Lampe

Wie üblich, trägt der Boden der zur Lampenherstellung verwendeten Hülse verschiedene Stempel, die Hersteller, Herstellungsdatum, Typ und Charge erkennen lassen.
Wenn man genau hinschaut, so erkennt man an der linken oberen Ecke des Schalters, vom Standfuß verdeckt, den Herstellercode 'lte', davon gegenüber rechts die Jahresangabe '45' und unter dieser der Abnahmestempel der Militärkommission, des Waffenamtes mit der Prüfnummer 480.



Oberhalb des Fußes rechts des Schalters erkennt man die Typenbezeichnung '6342/65D - leFH'



Die Angaben der Bodenstempel lassen folgende Schlüsse zu:

  • Der Hersteller-Code 'lte' gibt die Fabrik an, die die Hülse ursprünglich im Auftrag des Kriegsministeriums für die Wehrmacht herstellte. 'lte' war der Code der Firma 'Heinrich Baumgarten, Eisen- und Blechwarenfabrik, Neunkirchen Kreis Siegen'.
  • Nach der Jahresangabe '45' wurde die Hülse 1945 hergestellt und wahrscheinlich in den letzten Kriegstagen, worauf die nur schwach und versetzt eingeschlagene Ziffer '5' deutet. Offenbar war der Ziffernstempel bereits wegen des Kriegsdruckes nicht mehr aus entsprechend hartem Material, sodass er nur mit wenig Druck per Hand eingeschlagen wurde, um seine Lebensdauer nicht zu gefährden.
  • Der Militärabnahmestempel zeigt, dass die Hülse bereits fertiggestellt und technisch abgenommen war, bevor sie wieder zur Lampenproduktion zerlegt wurde.
  • Der Stempel '6342/65D - leFH' gibt Charge und Verwendungszweck an. 'leFH' bezeichnet die leichte Feldhaupitze 18 der Wehrmacht, die bei der Feldartillerie im Kaliber 10,5cm als Standard-Geschütz eingesetzt war.
Auf Grund des Wehrmachts-Abnahmestempels, der von dem, der Fabrik zugeteiltem Waffenamt 480, erst dann vergeben wurde, wenn die Hülse technisch ohne Mängel und versandfertig war, ist es wahrscheinlich, dass die Lampe von der Hülsenproduktionsfirma Heinrich Baumgarten nach dem Krieg aus nicht mehr abgeholten Lagerbeständen gefertigt wurde.
Aber es besteht auch die Möglichkeit, dass die Hülsen bereits abgeholt waren und nach Kriegsende bei einem Munitionshersteller lagerten und von dort an den Lampenproduzenten verkauft wurden.

Außer dem Hülsenboden wurden bei dem Sockel 3 Schraubkappen mit 28mm Gewinde verwendet, die mit Sicherheit auch aus dem Militär, ev. Kraftfahrzeugbereich stammten. Der im Sockel eingeschraubte Kippschalter stammt aus US-Produktion.
In das ehemalige Zündloch der Hülse wurde ein 25cm langes gefaltetes Rohr eingeschweißt. Bodenplatte und Rohr wurden mit Dengelschlägen verziert. Ebenso die beiden seitlichen Stützbänder des Standrohrs. Der Lampensockel aus Bakelit stammt aus der Nachkriegszeit. Das Schraubgewinde für die Birne ist im Bakelit eingeschnitten. Der Schirm der Lampe fehlt. Üblich waren seinerzeit pyramidenstumpfförmige Schirme, die mit Stoff oder Papierplissee bespannt warten.



© horst decker