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Reichskleiderkarten 1939 bis 1945

Bereits unmittelbar bei Kriegsbeginn am 1. Sept. 1939 wurden Stoffwaren und fertige Kleidung, wie alle anderen Waren des täglichen Lebensbedarfs rationiert und waren nur noch auf Bezugsschein erhältlich. Lebensmittel wurden entsprehend der Kopfzahl der Familien durch Bezugsmarken ohne Antrag zugeteilt. Der Bezug von Waren, die nicht zum Lebensmittelbereich gehörten, mussten bei der Heimatbehörde beantragt werden. Hierbei musste der Bedarf begründet werden.
Ab 20. November wurde das System bezüglich der Spinnwaren geändert. Textilien, die nicht einem Verbrauch durch tägliche Benuzung erfuhren, wie Mäntel, Bettwäsche, Tischdecken etc, wurden weiterhin auf extra zu beantragende Einzelbezugsscheine abgegeben.
Kleidung des alltäglichen Gebrauchs, die regelmäßigem Verschleiß unterlag, wie Unterwäsche, Anzüge, Kleider, Jacken, Röcke, Hosen, Strümpfe etc. wurden entsprechend der Regelung für Lebensmittel mit Bezugsmarken zugewiesen, die ohne Bedarfsweis von den Gemeinden turnusmäßig an alle ausgegeben wurden. Diese Rationierungsmarken wurden in Foldern im Format ca.42x14.5cm, gefaltet 10x15cm zusammengefasst.

Da der Kleidungsbedarf bei den Angehörigen einer Familie unterschiedlich war, gab es nach Geschlecht und Alter unterschiedliche Kleiderkarten Um einer individuellen Verwendungsmöglichkeit Rechnung zu tragen, hatte jede der Kleiderkarten 100 Marken zu je einem Punkt, die den Jahresbedarf abdecken mussten. Auf den Karten war dann eine Liste der Waren abgedruckt, die in welchem Quartal bezogen werden konnten, und deren Punktwertung angeführt. Die Marken stellten allerdings nur eine unübertragbare Bezugserlaubnis dar. Der Artikel musste zusätzlich noch bezahlt werden. Als Besonderheit wurde der Bezug von Strümpfen von Anbeginn an auf 4 Paar pro Jahr zu normalem Wert und 2 weiterer Paare zu doppeltem Wert beschränkt.
Die Bezugsmöglichkeiten und Punktwerte der Textilien und natürlich auch der Preis änderten sich mit Fortschreiten des Krieges und der damit zunehmenden Knappheit der textilen Rohstoffe.

So konnte ein Mann noch mit der ersten Bezugskarte vom 20. Nov. 1939 einen Pullover ganzjährig für die Abgabe von 30 Textilpunkten und den Kaufpreis erwerben.
Mit der Zweiten Reichskleiderkarte vom 1. Nov. 1940 konnte er nur noch im 1. Quartal einen Pullover beziehen, dafür benötigte er jedoch nur noch 21 Punkte. Offenbar sprach die damals noch für Deutschland sehr günstig verlaufende Kriegentwicklung, die zudem die Ressourcen der besetzten Gebiete beanspruchte, für eine Lockerung der Rationierung.
Die selbe Punktebewertung eines Pullovers galt auch für die 3. Reichskleiderkarte vom 1. September 1941. Allerdings war die Bezugskarte bei gleicher Markenzahl mit Gültigkeit bis zum 31. Dezember um zwei Monate gegenüber der ersten Ausgabe verlängert. Plus 2 Monate, die die Vorjahreskarte kürzer galt, wurde nun innerhalb von 16 Monaten die gleiche Menge zugeteilt, wie zu Kriegsbeginn. Konnte man also vor Sept. 1941 einen Pullover alle 9-12 Monate ersetzten, so war dies nun erst nach 13-16 Monaten Gebrauch möglich. Aber auch nur theoretisch, denn ein regelmäßiger Bezug war nun nur für den Verbrauch von 70 Punkten bis zum 15. September 1942 vorgesehen. Die letzten dreieinhalb Monate sollten mit den restlichen 30 Marken abgedeckt werden, die aber erst bei Aufruf durch die Regierung, also bei überhaupt vorhandener Ware, Gültigkeit erlangen sollten. Was, wie ab der 3. Kleiderkarte häufig auftauchende nur teilweise verbrauchte Karten belegen, offenbar nicht für alle Bürger der Fall war. Die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit lag daher bei 70 Verbrauchspunkten. Für einen Herrenanzug benötigte man allerdings schon 80 Punkte. Ein Frau konnte im 2. Quartal immerhin für 56 Punkte schon ein Kostüm erhalten. Für die restlichen 14 Punkte gab es ein Mieder dazu. Wartet sie mit dem Kauf allerdings bis zum 3. Quartal, so benötigte sie für das gleiche Kostüm nur noch 25 Punkte. Im 4. Quartal zog der Bezugswert dann schon wieder auf 36 Punkte. Offenbar wurde mit der Kleiderkarte die Bezugsmöglichkeit für den Privatverbrauch immer zu Winterzeiten noch stärker verknappt, um mehr Textilien für Winterkleidung der Wehrmacht zur Verfügung zu haben.
Gleichzeitig wurde aber auch eine Verknappung für den zivilen Verbrauch erzielt, in dem der Bezugszeitraum bei gleichen Bezugspunkten verlängert wurde. Betrug er bei den beiden ersten Kleiderkarten im Durchschnitt 11 Monate, so war er bei der 3. Reichskleiderkarte bereits 16 Monate. Die 4. Reichskleiderkarte vom 1. Januar 1943, die bis zum 30. Juni 1944 gültig war, streckte die Erwerbsmöglichkeit der gleichen Menge Textilien schon auf 18 Monate. Auch hier sind wieder 30 Marken erst nach Aufruf nutzbar. Zudem tauchen zusätzliche Rationierungsmarken für Nähmittel, also Nähgarne etc. auf. Für Herrenanzüge gab es hier allerdings keine Bezugsmöglichkeit mehr.
Die letzte vor Kriegsende ausgegebene 5. Kleiderkarte galt dann vom 1. Juli 1944 bis zum 31. Dezember 1945, also ebenfalls 18 Monate. Bei den Karten, die wir aus diesem Zeitraum haben sind nur noch sehr wenige Marken (Sept. 1944) verbraucht worden, weil offenbar nichts mehr lieferbar war.